Gefühle/Emotionen – gibts da einen Unterschied?

Wenn wir über Gefühle reden, was meinen wir dann eigentlich?

Frauen werden gerne als emotional bezeichnet, weil sie vielleicht näher am Wasser gebaut haben. Männer können oft mit zu viel Emotion nicht umgehen. Aber was sind eigentlich Emotionen und gibt es einen Unterschied zu Gefühlen?

Der Begriff Emotion kommt vom Lateinischen emotio (heftige Bewegung) bzw. emovere (aufwühlen, heraustreiben).

Während es für das Wort Gefühl keine richtige Herkunftserklärung gibt. Fühlen kommt ursprünglich von tasten, also die haptische Empfindung. Wurde im Laufe der Zeit aber auf die seelischen Empfindungen übertragen.

Wie die Begrifflichkeiten schon vermuten lassen sind Emotionen deutlicher und mehr als „nur“ Gefühle.

Gefühle/Emotionen: Wo ist der Unterschied?

Gefühle

  • ausschließliches Empfinden zu einem bestimmten Zeitpunkt ohne Zusätze
  • Dauer kurz
  • von außen nicht wahrnehmbar

Emotionen

Gefühle gemischt mit:

  • Körperempfinden (Herzschlag, Zittern, Schwitzen)
  • Denkprozessen (Zurückgreifen auf Erfahrungen, Vergleichen)
  • Verhalten (Lachen, Weinen, Schreien)

Gefühle sind also nur eine relativ kurze Empfindung zu einem bestimmten Zeitpunkt ohne irgendetwas hinzuzufügen. Das reine Fühlen ist von außen für die anderen Menschen nicht sichtbar. Es ist das reine Empfinden. Gefühle kommen und gehen wieder wenn sie eine Weile gefühlt worden sind.

Ich arbeite ausschließlich mit den 4 Grundgefühlen (Trauer, Angst, Wut, Freude), man geht davon aus, dass diese bei jedem Menschen vorhanden und bereits als Säugling da sind. Erweitert kann man die Scham noch dazurechnen. Wobei die Scham in meinen Augen eher ein Bewerter ist, inwieweit wir uns trauen, Gefühle zuzulassen und zu zeigen. Alle anderen Gefühle (Überraschung, Verachtung, Schrecken, Besorgnis, Verwirrung usw.) kann man den 4 Grundgefühlen unterordnen.

Paul Ekman (amerikanischer Anthropologe) definierte 7 Basisemotionen: zusätzlich zu den 4 Grundgefühlen: Überraschung, Ekel, Verachtung. Diese sind kulturübergreifend in allen Völkern vorhanden und werden anhand der Gesichtszüge gleichermaßen erkannt, egal ob in Papua Neuguinea oder sonstwo auf der Welt.

Im Hier und Jetzt gibt es nur Gefühle, sie dauern ein paar Sekunden. Alles was danach kommt sind Emotionen.

Sehr früh lernen wir schon als Säuglinge, unsere Gefühle mit Erfahrungen zu verknüpfen. Je älter wir werden, umso mehr Emotionen bauen wir auf. Nicht ausgelebte Gefühle (weil wir z.B. als Kind unsere Gefühle nicht äußern durften, dafür bestraft wurden, ausgelacht wurden) zusammen mit unterdrückten Gedanken (die wir uns nicht erlauben zu denken) werden zu einem gärenden Emotionsbrocken in uns, den wir von da an mit uns rumtragen. Wir sitzen auf einem Pulverfass mit kurzer Lunte. 

Eine Begebenheit im Außen, die eigentlich neutral ist, triggert uns und die alte Emotion kommt hoch. Wir reagieren (eigentlich auf die alte Geschichte) in der Gegenwart, oft völlig unangemesen und für die Umwelt nicht nachvollziehbar. Wir erinnen uns an…

Oder unsere Gedanken galoppieren in die Zukunft und malen Horrorszenarien mit Spekulationen über ungelegte Eier. Wir malen uns aus, dass… Diese Gedankenschleifen lösen eine Emotion in uns aus.

Beispiel: Wir schlendern durch eine Fußgängerzone. Viele Menschen kommen uns entgegen, reden, tun irgendetwas – eine neutrale Tatsache. Wenn wir jetzt denken: das sind zu viele Menschen, die kommen mir zu nahe, es ist zu laut > werden wir ängstlich oder wütend. Sehen wir ein Pärchen Hand in Hand und denken an unsere verflossene Liebe > werden wir traurig.

Es läuft immer nach dem gleichen Muster. Erst kommen die Gedanken (Vergleiche mit früher, Erfahrungen, Spekulationen). Das subjektive Empfinden löst dann die Emotion und bestimmte Körperreaktionen aus. Das Herz schlägt schneller wenn wir aufgeregt sind (freudig oder ängstlich), wir schwitzen und/oder zittern wenn wir Angst haben, uns wird übel, wir bekommen schlecht Luft oder unser Magen krampft. Dann folgt ein Verhalten, wir lachen, weinen, schreien, stampfen, rennen weg, hüpfen usw.

Unser Hirn verknüft Erfahrungen (aus der Vergangenheit) und Spekulationen (über die Zukunft) mit dem Gefühl. Manchmal haben wir eine Emotion (z.B. Angst) wider besseren „Wissens“, weil alte Erfahrungen uns suggerieren, dass Gefahr besteht, etwas „triggert“ uns. 

Oft fühlt es sich so an, als ob die Emotion unmittelbar auf das Ereignis folgt, ohne dass da vorher ein Gedanke war. Solche Emotionen nennt man „verwaist“. Nicht jeder Gedanke ist erwünscht und/oder erlaubt. Unser innerer Aufpasser filtert, welche Gedanken er in unser Bewusstsein lässt. Deshalb haben wir dann den Eindruck, „nichts“ gedacht zu haben. Aber das ist ein Trugschluss. Sich die „verbotenen“ Gedanken einzugestehen, ist oft schon der erste Schritt, aus der Emotion rauszukommen.

Manchmal spüren wir auch nur die Körperreaktion und wissen garnicht, welche Emotion dahinter steckt. Hier liefert uns die Sprache gute Hinweise: Wir zittern vor Angst, haben Schiss, unser Herz wird schwer, wir bekommen keine Luft, haben Bauchgrimmen usw.

Hier hilft es, einen guten Zugang zu seinem Körper zu haben, um herauszufinden, was eigentlich los ist. Auch aussenstehende Personen können hier hilfreich sein, indem sie auf das Zittern, Zähneknirschen, Faustballen etc. aufmerksam machen. Von aussen ist oft an der Mimik, Gestik (Augenbrauen, Mundwinkel z.B.) zu erkennen, was in der Person vorgeht, bevor sie selbst es merkt.

Wer also Schwierigkeiten hat, seine Emotionen richtig einzuordnen, tut gut daran, seine Körpersprache zu entschlüsseln und seinen Gedanken auf die Schliche zu kommen.

Sehr intensive, heftige und nur kurzzeitig auftretende Emotionen nennt man auch Affekte. Wut- oder Panikanfälle sind z.B. solche Affekte. Wir handeln „im Affekt“, nicht kontrollier- und beeinflussbar, weil es so schnell geht, dass die Emotion uns übermannt, dass eine Vernunftsreaktion nicht mehr möglich ist.

Willst du mehr über dich und deine Emotionen herausfinden?

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